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Recyclinganlagen stellen Brandschützer vor große Herausforderungen. Zum einen landen immer mehr Batterien auf den Deponien, das erhöht die Brandgefahr erheblich. Zum anderen sind die Rahmenbedingungen in Recyclingbetrieben oft extrem schwierig. Und dennoch sollen wirksame Schutzmaßnahmen bezahlbar bleiben.
Selten sind die Ergebnisse einer Internet-Recherche zeitlich so dicht gedrängt wie bei „Brand in Recylinganlage“: Bis zu zehn Brände innerhalb weniger Wochen sind keineswegs die Ausnahme. Bei den tatsächlichen oder vermuteten Ursachen spielen Batterien und Elektroschrott auffällig oft eine Rolle. Anfang Juni 2019 ereignete sich beispielsweise ein heftiger Brand in einer Recyclinganlage in Wörth an der Isar. Das vierte Feuer innerhalb von anderthalb Jahren. Ursache, so der dortige Werksleiter im Juni, sei wahrscheinlich auch dieses Mal ein falsch entsorgter Lithium-Ionen-Akku gewesen.
Oft landen Batterien und Akkus im Hausmüll. Da gehören sie zwar nicht hin, aber es ist nun mal so.
Wenig später warnte die Prüfgesellschaft Dekra in diesem Zusammenhang vor „Zeitbomben im Recyclinghof“. Nach Aussage von Experten wie Kerstin Sann-Ferro von der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (DKE) ist ein falscher Umgang mit den Akkus ein wesentlicher Grund dafür, dass sie sich entzünden. Sowohl das Überladen als auch Tiefentladungen, wenn die Batterie etwa zu kalt gelagert oder längere Zeit nicht genutzt wird, kann zum Überhitzen führen. In solchen Fällen können die chemischen Prozesse in eine Kettenreaktion münden, der Energiespeicher gerät in Brand oder explodiert sogar. Fachleute sprechen dann von „thermischem Durchgehen“. Das ist bei Lithium-Ionen-Akkus besonders gefährlich, weil sie deutlich höhere Energiedichten aufweisen als etwa solche auf Basis von Blei oder Nickel-Cadmium.
Hinzu kommt: Lithium-Ionen-Batterien reagieren oft zeitverzögert. Selbst wenn das Feuer gelöscht ist – die chemischen Prozesse im Inneren der Zelle laufen unter Umständen weiter, die Gefahr einer erneuten Entzündung ist nicht zwangsläufig gebannt.
Zu diesem rein chemischen Gefahrenpotenzial kommt hinzu, dass diese Akkus heute häufig verwendet werden. So hat sich nach Angaben des Umweltbundesamts die Menge der Lithium-Ionen-Akkus, die jährlich in Deutschland in Umlauf kommen, zwischen 2009 und 2017 verdreifacht – von knapp 3.300 Tonnen auf mehr als 10.000. Und mit der Menge der Lithium-Akkus steigt auch die Zahl der Brände. Sie haben sich, so das Kieler Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung (IFS), „mittlerweile als typische Schadenursache etabliert“.
Angesichts dessen ist ein wirksamer Brandschutz von enormer Bedeutung. Allein schon, weil gerade Brände in Recyclinganlagen eine große Gefahr auch für die Gesundheit der umliegenden Anwohner darstellen. Keine einfache Aufgabe für Fachplaner, Errichter von Gebäuden und Betreiber solcher Anlagen. Denn sie müssen zum einen den Anforderungen gerecht werden, die das mitunter sehr schwierige Einsatzfeld mit sich bringt, und sie müssen einen effektiven Brandschutz bezahlbar halten – also möglichst viele Standardlösungen integrieren. Ein Spagat, der viel Kompetenz erfordert. Schließlich herrschen in Recyclinganlagen mitunter extreme Temperaturen oder hohe Luftfeuchtigkeit. Zudem muss in aller Regel mit erheblichen Störgrößen etwa durch stark verschmutzte Luft gerechnet werden. Hinzu kommen aggressive chemische Stoffe, korrosive Gase und oft komplexe Baulichkeiten und Produktionsanlagen. Eine Umgebung, bei der die schnelle und zuverlässige Detektion von Bränden eine echte Herausforderung darstellt.
Thermalkameras detektieren im Recyclinghof Temperaturanstiege und machen damit Brandherde sichtbar.
Grundsätzlich, so Thomas Merkt, Leiter Projektierung bei Hekatron Brandschutz, muss eine gute Balance zwischen besonders empfindlichen Detektoren mit kurzer Reaktionszeit und dem Vermeiden von Fehlalarmen gefunden werden. „Dazu muss man genau wissen, welche spezifischen Anforderungen die räumlichen Bedingungen stellen und welche Detektionstechnologie sich wo am besten eignet.“ Oft empfehle sich bei Recyclingbetrieben eine Kombination aus linienförmigen Rauchmeldern auf der Basis von Infrarotlicht und linienförmigen Wärmemeldern, erklärt Christian Sumser, Spezialist für Sonderbrandmeldetechnik bei Hekatron Brandschutz.
„Mit linienförmigen Rauchmeldern können wir zum Beispiel gut in größeren Hallen arbeiten, da die Geräte eine Distanz bis zu 200 Metern überbrücken können.“ Ihr Prinzip ist einfach: Das System schickt einen Lichtstrahl auf die gegenüberliegende Seite des Raumes. Dort trifft er auf einen Empfänger, der das Signal auswertet. Der Melder orientiert sich zum einen daran, ob der Lichtstrahl etwa durch Rauch abgeschwächt wird. Zum anderen reagiert er auch auf Frequenzveränderungen, wie sie durch das Flackern von Flammen auftreten. Speziell in Anwendungsumgebungen mit stark verschmutzter Luft – typisch für Recyclinganlagen – lassen sich linienförmige Rauchmelder mit besonders hoher Störgrößenresistenz einsetzen. Sie sind unter anderem mit nanoversigelten Scheiben ausgestattet, die einer Verschmutzung entgegenwirken. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, der Verschmutzung mit einem vorgelagerten, transparenten Schild entgegenzuwirken, das ständig mit Druckluft von Staubpartikeln freigehalten wird.
Der linienförmige Rauchmelder ILIA, geschützt durch ein Umgehäuse, „erkennt“ Brände nicht allein an der durch Rauch verursachten Lichtstrahlabschwächung. Der Melder erfasst auch das Flackern eines Brandes.
Manchmal allerdings stoßen linienförmige Rauchmelder aufgrund der räumlichen und/oder physikalischen Gegebenheiten an ihre Grenzen. Das gilt für weitläufige Außenanlagen ebenso wie für enge Boxen, wie sie in vielen Recyclingbetrieben üblich sind. „Hier sind linienförmige Wärmemelder, die auf Druckveränderungen reagieren, die optimale Lösung“, erklärt Christian Sumser. Dazu werden luftgefüllte Fühlerrohre verlegt, in der Regel aus Kupfer oder Edelstahl – allerdings empfehlen sich in Recyclingbetrieben Fühlerrohre aus Teflon. Denn Teflonschläuche sind äußerst resistent gegen fast alle Chemikalien. Hinzu kommt, dass sie wesentlich einfacher zu verlegen sind als Metallrohre, weil Teflon flexibel ist. Der elektronische Sensor des Melders erfasst und misst permanent den Luftdruck im verlegten Rohr beziehungsweise Teflonschlauch. Steigt die Temperatur, erhöht sich der Druck. Sobald eine vordefinierte Grenze überschritten wird, löst der Melder Alarm aus. Moderne Geräte besitzen eine spezielle Funktion, um kurzfristige Temperaturschwankungen auszufiltern. Damit ist der Wärmemelder in der Lage, sehr zuverlässig zwischen einer Störung und einer tatsächlichen Gefahrensituation zu unterscheiden. Das kommt der oben erwähnten Balance zwischen schneller Detektion und Vermeidung von Fehlalarmen zugute.
Von der Leitwarte aus sieht man direkt in den Müllbunker. Um trotz der großen Raumhöhe Brände zuverlässig detektieren zu können, wurde der linienförmige Rauchmelder ILIA DUST installiert.
Mit linienförmigen Rauch- und Wärmemeldern allerdings lässt sich ein geradezu alltäglich gewordenes Problem in Recyclingbetrieben nicht wirklich aus der Welt schaffen, wie Daniel Triebswetter erklärt. Er ist Spezialist für Löschanlagen-Ansteuerung bei Hekatron Brandschutz. „Oft landen Batterien und Akkus im Hausmüll. Da gehören sie zwar nicht hin, aber es ist nun mal so.“ Und der Hausmüll wandert durch den Schredder. Die Batterien werden also unkontrolliert mitgeschreddert, und dabei setzen häufig ebenso unkontrollierte chemische Reaktionen ein. Die Folge, so Daniel Triebswetter: „Es ist heute fast an der Tagesordnung, dass es in einem der Lagerbunker brennt.“ Meist geschieht das sehr punktuell, und entsprechend punktgenau sollte gelöscht werden, um zu verhindern, dass das Feuer um sich greift. Daniel Triebswetter: „Wenn eine Batterie brennt, dann hilft nur Sauerstoffentzug und Kühlen, also viel Wasser auf den Brandherd, auch um eine Rückzündung zu vermeiden.“
Eine schnelle und möglichst genaue Lokalisierung aber ist mit herkömmlichen Brandmeldesystemen kaum zu schaffen. Die Lösung sind Videokameras, die zugleich auch Wärmequellen abscannen. Der Kranfahrer des Recyclingbetriebes sieht in seiner Kabine das Bild, das die Kamera liefert, und kann gezielt reagieren. Er kann das brennende Material entweder in einen Ofen bringen, wo es kontrolliert verbrannt wird. Oder er leitet eine Löschung mit großen Wassermengen ein. „Dabei wird dem Wasser je nach Deponiegut ein bestimmter Schaum beigemischt. Der macht die Oberfläche des Wassers ähnlich wie ein Spülmittel weicher, damit es möglichst rasch ins Innere des brennenden Haufens eindringt.“
Zwar darf das Signal der Videokameras nicht auf die Feuerwehr aufgeschaltet werden, dafür fehlen – zumindest bislang – die normativen Grundlagen. „Aber“, so Triebswetter, „diese Lösung funktioniert in der Praxis gut und hilft auch so fast täglich, großflächige Brände zu vermeiden.“
Die Förderbandüberwachung mit einer Thermal-Kamera ist ein wichtiger Sicherheitsbaustein. Denn auf diesem Förderband wird der Müll nach dem Schreddern in verschiedene Bunker verteilt. Ohne Überwachung könnte ein Brand an verschiedene Orte verschleppt wird.
Linienförmiger Infrarotmelder ILIA DUST PRO. Extrem hohe Störgrößenresistenz. Nanoversiegelte Scheiben gegen Verschmutzung. Neu: Ein transparentes Schutzschild, das permanent mit Druckluft von Verschmutzung freigehalten wird (höchste Schutzart nach IP 69K).
Linienförmiger Wärmemelder Hekatron ADW 535. Wirkungsvoller Brandschutz bei minimalem Aufwand. Der ADW 535 ist konzipiert speziell für den Einsatz bei hohen Störgrößen, unter extremen Temperaturverhältnissen oder etwa bei hoher Luftfeuchtigkeit. Resistent gegen korrosive Chemikalien. Die Filterfunktion Dynamic Heat Watch Algorithmus (DHW) filtert kurzfristige Temperaturschwankungen aus und hilft so, Fehlalarme zu vermeiden.